Ein Wohnmobil neu zu kaufen ist teuer und bisweilen unerschwinglich. Zudem müssen Käufer aufgrund der großen Nachfrage aktuell mit langen Lieferzeiten rechnen. Eine gute Alternative ist ein gebrauchtes Wohnmobil, das man entweder bei einem professionellen Händler oder bei einem privaten Verkäufer ersteht. Ein Wohnmobil aus privater Hand hat den Vorteil, dass die Zahl der Vorbesitzer überschaubar ist – im besten Fall war es nur einer. Zudem verlieren Wohnmobile, genau wie PKW, bereits nach ein bis zwei Jahren deutlich an Wert. Diesen Verlust trägt der Verkäufer. Sie haben daher die Chance, auch ein neueres Modell zu einem günstigen Preis zu erhalten.
Auswahl eingrenzen: Welches Fahrzeug kommt in Frage?
Zuerst einmal sollte man sich darüber klarwerden, welche Art von Wohnmobil den eigenen Bedürfnissen entspricht. Reicht ein Kastenwagen für zwei, den man am Ende noch selbst nach den eigenen Wünschen ausbaut, oder soll es ein komfortables Wohnmobil für vier Personen und ausgedehnte Reisen in ferne Länder sein? Sportliche Wohnmobilisten brauchen Stauraum für ihre Sportausrüstung, für Winterreisen muss das Wohnmobil gut isoliert sein und wer den Road-Trip gerne mit einer Städtetour verbindet, sollte nach einem kurzen, wendigen Wohnmobil Ausschau halten. Wählen Sie Ihr Wunschmobil nicht zuletzt nach der Anzahl der Gurtplätze für ihre ständigen Mitreisenden aus, da sich diese nachträglich nur schwer anbringen lassen. Wer oft und lange mit dem Wohnmobil verreist, wird außerdem feste Schlafplätze, die nicht erst umgebaut werden müssen, schätzen.
Konkrete Suche: mit Zeit und Geduld ans Ziel
Wenn Sie die Vorauswahl möglichst genau abgesteckt haben, geht es an die konkrete Suche. Fündig werden Sie auf Online-Börsen wie zum Beispiel reisemobil.info, womo-gebraucht.com, bei eBay-Kleinanzeigen oder bei den Inseraten in Camping-Fachzeitschriften. In die Suche nach einem passenden Angebot sollten Sie etwas Zeit investieren. Zwar existiert ein großer Markt für gebrauchte Wohnmobile, gleichzeitig gibt es aber auch viele Interessenten, vor allem für derzeit gefragte Fahrzeugtypen wie Campingbusse und kompakte Teilintegrierte. Wer eine gewisse Kompromissbereitschaft, zum Beispiel bei der Ausstattung oder bei Extras, mitbringt, kommt schneller zum Zuge. Grundsätzlich sollte man von seinen „Muss-Kriterien“ nicht zu sehr abweichen und lieber weitersuchen, bis sich ein passendes Fahrzeug findet.
Wohnmobil auf Herz und Nieren prüfen
Anders als beim professionellen Händler erhalten Sie beim Privatkauf für ein gebrauchtes Wohnmobil keine Gewährleistung. Daher sollten Sie sich für die Besichtigung und die anschließende Probefahrt ausreichend Zeit nehmen und dem Verkäufer ruhig Fragen stellen. Zum Beispiel nach Schäden durch Nässe, Hagel oder Unfälle. Auch ohne die Gewährleistung sind Privatanbieter dazu verpflichtet, den Käufer über ihnen bekannte Mängel zu informieren. Im Falle einer arglistigen Täuschung seitens des Verkäufers haben Käufer das Recht, vom Kaufvertrag zurückzutreten.
Sollten Sie beim Kaufabschluss Fragen zum Vertrag oder im Anschluss des Kaufs Reklamationen haben, helfen Ihnen unsere Partner von halloAnwalt gerne weiter.
K.-o.-Kriterium: Feuchtigkeit im Wohnmobil
Einer der häufigsten und leider nicht sofort erkennbaren Mängel im Wohnmobil ist Feuchtigkeit, die buchstäblich durch alle Ritzen und Fugen eindringen kann. Kritische Bereiche sind Dichtungen von Fenstern, Türen und Dachhauben sowie morsche Unterböden (sofern diese, wie häufig bei älteren Fahrzeugen, noch mit Holz verkleidet sind) und undichte Wasserleitungen. Wenn Ihnen beim Betreten des Wohnmobils bereits ein modriger Geruch entgegenschlägt oder gar Stockflecken oder Schimmel sichtbar sind, sollten Sie einen Kauf erst gar nicht in Erwägung ziehen. Ist in Bezug auf Feuchtigkeit scheinbar alles in Ordnung, prüfen Sie alle Dichtungen auf poröse Stellen. Sprechen Sie den Verkäufer zusätzlich auf regelmäßige Dichtigkeitsprüfungen an und lassen Sie sich die dazugehörigen Belege zeigen. Feuchtigkeit im Wohnmobil ist ein absolutes K.-o.-Kriterium, weshalb Profis Nässe mit einem Feuchtigkeitsmesser aufspüren. Da diese Geräte zum Teil nicht ganz billig sind, ist es eine Überlegung wert, das Wohnmobil gemeinsam mit einem Fachmann bzw. einer Fachfrau zu begutachten. Der Vorteil: Profis bringen die notwendigen Prüfinstrumente gleich mit, haben ein Auge für alle neuralgischen Punkte und arbeiten eine Checkliste mit allen wichtigen Aspekten akribisch ab. Einen solchen Wohnmobil-Check bieten zum Beispiel der ADAC zusammen mit dem Caravaning Gutachter Fachverband und der Händlerverbund InterCaravaning in Zusammenarbeit mit Meisterwerkstätten.
Versorgungscheck: Gas, Wasser, Strom
Für das autarke Reisen im Wohnmobil sollte die Versorgung mit Gas, Wasser und Strom problemlos funktionieren. Aus Sicherheitsgründen muss die Flüssiggasanlage regelmäßig gewartet werden. Lassen Sie sich auch hier den Beleg der letzten Prüfung zeigen. Auch wenn die Pflicht zur Gasprüfung im Wohnmobil aktuell bis zum 1. Januar 2023 ausgesetzt wurde, ist sie dennoch wichtig und sollte alle zwei Jahre durchgeführt werden. Die Prüfung darf nur von DEKRA, vom TÜV oder einer zertifizierten Werkstatt abgenommen werden. Zudem müssen alle Gasleitungen und der Gaskasten intakt sein. Checken Sie den Frischwassertank auf Sauberkeit und Risse und prüfen Sie, ob Wasser mit ausreichendem Druck aus allen Hähnen fließt und ordentlich wieder abläuft. Nehmen Sie auch Dusche, Waschbecken und Toilette im Hinblick auf Risse unter die Lupe (Thema Feuchtigkeit!). Zum Stromcheck testen Sie Heizung, Herd und Kühlschrank. Prüfen Sie auch die Bordbatterie und alle Funktionen des Kontrollboards sowie Steckdosen, Lampen, Klima- und SAT-Anlage.
Basisfahrzeug und Aufbau: Alles im Lack?
Basisfahrzeug und Aufbau sind das Gerüst des Wohnmobils. Dieses sollte also stabil und möglichst intakt sein. Zum gründlichen Check steigen Sie ruhig aufs Dach (evtl. eine Leiter mitnehmen!) und halten Sie nach Hagelschäden Ausschau. Robben Sie auch unter das Fahrzeug, um eventuelle Schäden durch Rost und undichte Stellen auszuschließen. Ein kritischer Blick auf Lackierung und Beleuchtung sowie auf den Zustand der Aufbauwände und Kantenleisten tut ebenfalls Not. Da der Aufbau vor allem älterer Modelle zum Teil noch aus Holz besteht, können bereits sichtbare Schäden an den Wänden auf schleichend eindringende Nässe hindeuten. Vergessen Sie auch nicht, das Profil der Reifen zu prüfen. Diese sollten unabhängig von ihrem Zustand nicht älter als sechs Jahre sein.
Innenraum: Wohfühlfaktor checken
Sind die Basics gecheckt, geht es an den Wohnbereich. Hier sollten Sie sich auf Reisen natürlich wohlfühlen. Prüfen Sie deshalb, ob Ihnen Grundriss und Zustand der Möbel zusagen. Hierauf sollten Sie achten:
- Zustand von Polstern und Matratzen
- Sind die Schlafplätze ok, funktionieren Hubbett und der Umbau von Behelfsbetten?
- Lassen sich Schränke und Regale problemlos öffnen und schließen?
- Gibt es genügend Stauraum?
- Reicht die Anzahl der Gurt- und Schlafplätze?
- Ist ein Beifahrer-Airbag vorhanden?
Papiere, Unterlagen und Belege
Die alte Redensart „Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser“ trifft auf den Wohnmobil-Kauf von einer Privatperson natürlich ganz besonders zu. Daher gilt: Je mehr schriftliche Nachweise und Belege Sie haben, umso mehr Sicherheit haben Sie bei einer Investition dieser Größenordnung.
Zu den wichtigsten Unterlagen gehören:
- Die vollständigen Fahrzeugpapiere
- Aktuelle und gültige (grüne) Umweltplakette
- Beleg über die letzte Hauptuntersuchung (TÜV)
- Belege über weitere regelmäßig anfallende Inspektionen und Wartungen
- Nachweise über Reparaturen und ggfs. Unfallschäden
- Bescheinigung über die letzte Gasprüfung
- Bescheinigungen über vorgeschriebene Dichtigkeitsprüfungen
- Versicherungspolicen
- Belege über die jährlich anfallende KFZ-Steuer
- Garantieheft
- Bedienungsanleitungen und Garantieunterlagen für Einbaugeräte
Probefahren: Stimmen Fahrverhalten und -komfort?
Sagt Ihnen das Wohnmobil nach eingehender Besichtigung zu, steht eine ausgiebige Probefahrt an. Achten Sie dabei auf ungewöhnliche Fahrgeräusche, testen Sie Kupplung und Bremsen und fahren Sie abgesehen von Landstraße und Autobahn auch auf holprigen und kurvigen Straßen, um zu sehen, ob das Fahrzeug auch suboptimalen Bedingungen standhält. Auch die Bedienelemente und Assistenzsysteme sollten Sie einer kritischen Überprüfung unterziehen. Schließlich tragen auch der Ein- und Ausstieg sowie bequeme Sitze und Beinfreiheit zum Fahrkomfort bei.
Zu guter Letzt: der Kaufvertrag
Ihr Wunschmobil hat allen Prüfungen und auch der Probefahrt standgehalten? Glückwunsch! Dann heißt es jetzt nur noch einen hieb- und stichfesten Kaufvertrag aufstellen. Nutzen Sie dazu unbedingt einen offiziellen Standardvertrag wie ihn zum Beispiel der ADAC kostenfrei zum Download anbietet. Darin muss der Verkäufer unter anderem verbindliche Aussagen zu Unfall- und Feuchtigkeitsschäden sowie zu Service- und Wartungsarbeiten und gesetzlich vorgeschriebenen Prüfungen machen. Sollten nach dem Erwerb irgendwelche (vom Verkäufer verschwiegene) Mängel auftreten, können Sie sich immer auf die Angaben im Vertrag berufen. Vergessen Sie nach Abschluss des Vertrages nicht, Ihre KFZ-Zulassungsstelle und Ihre Versicherung zu informieren! Die nötigen Formulare sind dem oben genannten Vertrag bereits angefügt.