Endlos graue Wintertage gepaart mit einer unsicheren pandemischen Lage strapazieren auf Dauer jedes noch so robuste Gemüt. Höchste Zeit für einen Tapetenwechsel. Camper haben den Vorteil, im rollenden Zuhause weitgehend autark zu sein und selbst zu entscheiden, wieviel touristisches Getümmel sie tolerieren. Warum also nicht gleich die nächste Wohnmobil-Reise planen? Klassische Sehnsuchtsziele wie die Toskana versprechen Erholung pur für Natur- und Kulturliebhaber. Eine schöne Möglichkeit, die Region von ihrer entschleunigten Seite kennenzulernen, ist das Agricampeggio: Wohnmobil-Urlaub auf landwirtschaftlichen Höfen und Weingütern.
Abschalten statt aufdrehen
Lange Schlangen vor den sanitären Anlagen oder lärmende Musik bis in die Nacht: Was beim Campen ohnehin schon nervt, wird in Corona-Zeiten zum absoluten No-Go. Als Kontrastprogramm bietet sich das Campen auf landwirtschaftlichen Höfen und Weingütern, italienisch: „Agricampeggio“, in der Toskana an. Vom Norden mit dem Städtedreieck Lucca, Florenz und Pisa bis in die Provinz Grosseto im Süden laden kleine, beschauliche Plätze zum Übernachten und zur Erholung in der Natur ein. Die Agricampeggi liegen meist in unmittelbarer Nähe malerischer kleiner Orte inmitten schönster Natur. Hier bestimmen Vogelgezwitscher und das Zirpen der Zikaden den Geräuschpegel. Auf den Höfen werden Wein, Olivenöl, Honig, Käse und vieles mehr produziert − manche Erzeugnisse stammen exklusiv aus der Region und tragen das DOP-Gütesiegel, wie zum Beispiel der Pecorino Toscano.
Einige Landgüter vermieten zusätzlich Zimmer und bieten ihren Gästen Frühstück und Restaurantbetrieb. Die Gastronomie können auch Wohnmobil-Urlauber nutzen, sollten dies bei der Reservierung aber besser mitangeben. In der familiären Atmosphäre kommt man beim Probieren der selbstgemachten Spezialitäten schnell mit den Gastgebern ins Gespräch (oder ins Radebrechen) und lernt so Land und Leute abseits der Touristenströme kennen.
Viel Privatsphäre, Service inbegriffen
Wenige, großzügige Stellplätze, dafür viel Grün und himmlische Ruhe: Die Agricampeggi sind ideal für Erholung im kleinen, intimen Rahmen mit Blick auf Weinberge, Olivenhaine und sanft rollende Hügel. Die Höfe bieten meist zwischen 10 und 30 Stellplätze, die Ver- und Entsorgungsmöglichkeiten für das Wohnmobil variieren von Hof zu Hof. Nahezu überall gibt es Ladestationen für Strom und die Möglichkeit, das Trinkwasser aufzufüllen. Auf manchen Höfen kann man zusätzlich das Abwasser entsorgen. Sanitäre Anlagen mit Toiletten, Duschen, Waschbecken und Waschgelegenheiten für Geschirr gehören zum Standard-Service. Daneben sind Zugang zum WLAN, Picknickplätze, Swimmingpools, Wellnessbereiche, Fahrradverleih und Shuttleservices zu nahegelegenen Orten und Städten oft im Service inbegriffen.
Eine Landschaft mit vielen Facetten
Vom kulturlastigen Norden über das charakteristische hügelige Landesinnere bis hinunter an die Strände am Thyrrenischen Meer und in das Naturparadies Maremma zeigt die Landschaft der Toskana immer wieder neue, faszinierende Facetten. Eine Wohnmobil-Tour im Zeichen des naturnahen Campens könnte zum Beispiel auf dem Agricampeggio Cipollatico in dem kleinen Ort Montespertoli beginnen. Rund 15 Kilometer von Florenz entfernt, campen Besucher hier mitten in der berühmten Hügellandschaft des Chianti-Tals mit Bilderbuch-Aussichten auf zypressengesäumte Alleen und Olivenhaine. Auf dem Weingut werden zusätzlich Olivenöl und Grappa produziert.
Weiter Richtung Südosten lädt an den Ausläufern des Apennins das Landgut Val della Pieve in Anghiari zum entschleunigten Campen ein. Das Agricampeggio liegt in einem malerischen, üppig grünen Tal, nur wenige hundert Meter vom Zentrum von Anghiari entfernt. Mit seinem mittelalterlichen Stadtkern zählt der historisch bedeutende Ort zu den schönsten in ganz Italien. Ein Ausflug in die nahe gelegene, vom Massentourismus noch verschont gebliebene Stadt Arezzo, zeigt die Toskana ein weiteres Mal von ihrer authentischen Seite.
Von sanften Hügeln zum sanften Meeresrauschen
Weinliebhabern ist der Ort Montepulciano sicherlich ein Begriff. Auch hier kann man in ländlicher Idylle mit seinem Wohnmobil rasten, zum Beispiel auf dem Landgut Casavacanze I Chiari. Das Agricampeggio bietet neben großzügigen Stellplätzen im Grünen unter anderem einen Wellness-Bereich, ein Spezialitäten-Restaurant und Kochkurse für typisch toskanische Gerichte. Zudem ist es idealer Ausgangspunkt für Ausflüge, zum Beispiel in das malerische Orcia Tal.
Natürlich kann man in der Toskana auch Strandluft schnuppern, zum Beispiel an der Etruskischen Küste. In der Gemeinde Castagneto Carducci hat sich das Landgut Podere Pianetti am gleichnamigen Strand das Agriglamping auf die in der Meeresbrise wehenden Fahnen geschrieben. Jeder der 20 Stellplätze verfügt über einen eigenen Wasser- und Stromanschluss. Eine Entsorgungsstation ist ebenfalls vorhanden. Für das leibliche Wohl sorgen ein kleines Café, ein Hofladen mit regionalen Spezialitäten sowie ein Kräutergarten, aus dem man sich bedienen kann. Während das Wohnmobil zwischen Pinien und Zypressen schattig parkt, kann man am Strand relaxen oder Ausflüge in die umliegenden Dörfer unternehmen, zum Beispiel in das historische Zentrum von Castagneto Carducci das mit malerischen Gässchen und Plätzen sowie herrlichen Ausblicken bis zur Küste zum Verweilen einlädt. Unbedingt empfehlenswert ist ein Ausflug in das rund 50 Kilometer entfernte kulturelle Kleinod Massa Marittima!
Relaxen im Naturparadies Maremma
Keine zwanzig Kilometer südlich von Massa Marittima entfernt, gelangt man in die ursprüngliche, wilde Küstenlandschaft der Maremma. Vor allem Naturfreunde werden die naturbelassenen Strände, den Nationalpark „Parco Regionale della Maremma“, sowie die welligen, grünen Hügel und Täler lieben. Eine Besonderheit der Region sind die frei zugänglichen Thermalquellen in Saturnia und die einzigartigen Maremma-Rinder mit ihren langen, spitzen Hörnern. In diesem Naturparadies lädt das Agricampeggio Podere Santa Clorinda zum nachhaltigen Relaxen ein. Die Stellplätze sind bis zu 120 Quadratmeter groß, neben der Versorgung mit Frischwasser und Strom kann man auf dem Platz auch das Abwasser entsorgen. Ganzjährig beheizte sanitäre Anlagen sind ebenso selbstverständlich wie die Versorgung mit Obst und Gemüse aus dem hofeigenen Bio-Garten. Das Agricampeggio lädt zu Wanderungen durch die Weinberge und Olivenhaine ein und organisiert Trekking- und Reittouren sowie Kletterexkursionen auf den Monte Calvo. Ca. 15 Wohnmobil-Minuten entfernt locken rund um das hübsche Fischerdorf Castiglione della Pescaia einige der schönsten Strände der Toskana – wenn das nicht nach Dolce Vita klingt ...
Infos und Tipps:
Beim Agricampeggio sollte man mi einem autarken Wohnmobil unterwegs sein. Die Preise für eine Übernachtung liegen je nach Saison zwischen 10 und 30 Euro und sind somit sehr günstig. Dort, wo es keine Entsorgungsmöglichkeiten gibt, können Camper eine Area Sosta Camping, einen Rast- oder Stellplatz für Wohnmobile ansteuern. Größere Städte haben in der Regel mindestens eine solche günstige oder sogar kostenlose Parkgelegenheit, auf der man auch spontan übernachten kann, falls es mit einer Reservierung mal nicht klappt. Da die Areas Sostas unterschiedlich ausgestattet sind, sollte man vorher checken, ob es eine Ver- oder Entsorgungsstation gibt – zum Beispiel mit Apps wie park4night, stellplatz.info oder campercontact.com. Camping-Urlaub ist auch bei Italienern sehr beliebt. Mit einer Reservierung geht man deshalb – auch in der Nebensaison – auf Nummer sicher.
Englischkenntnisse sind bei Italienern nicht selbstverständlich. Ein Grundwortschatz ist daher für die Reise sehr hilfreich. Das freut die Gastgeber und gibt im Alltag auf Reisen mehr Selbstvertrauen.
Frühjahr, Frühsommer und Herbst sind ideale Reisezeiten, um die Toskana aktiv zu erleben. Zudem ist es in der Nebensaison auch in den touristischen „Must-sees“ wie Florenz, Pisa, Lucca oder Siena nicht so überfüllt. Denn ein bisschen „Sehen und gesehen werden“ in den berühmten Kulturstädten muss natürlich auch sein.