Mit ihrer rauen, felsigen Küstenlandschaft, den urigen Dörfern und kulturellen Schätzen ist die Bretagne seit jeher ein magischer Anziehungsort für Individualisten. Naturschönheiten wie das Cap Frehel, die markanten Felsen der Rosa-Granit-Küste, historische Städtchen wie St. Malo oder Roscoff, Leuchttürme, die über den tosenden Atlantik wachen sowie urige Dörfer mit geduckten Steinhäuschen und leuchtenden Hortensienbüschen machen den Charme der Bretagne aus. Etwas Eigenwilliges und Unbeugsames prägt diesen Landstrich zwischen Ärmelkanal und Atlantik – kein Wunder also, dass das kleine gallische Dorf mit seinen tapferen Helden Asterix und Obelix ausgerechnet hier angesiedelt ist. Dank einer gut ausgebauten Infrastruktur für Campingurlauber ist die Bretagne auch ein Klassiker für eine erlebnisreiche Wohnmobil-Tour.
Auftakt am Mont St. Michel
Sie gehört strenggenommen noch zur Normandie, wegen ihrer großartigen Bedeutung lohnt ein Besuch der Klosterinsel Le Mont Saint Michel aber unbedingt. Das architektonische Ensemble mit seinen verwinkelten Gassen und der mächtigen Abteikirche auf der Spitze ragt wie ein mystischer Felsen aus einer Bucht heraus und wird durch den Wechsel von Ebbe und Flut gleichzeitig Teil eines Naturschauspiels. Beim Spaziergang durch die Gassen bieten sich immer wieder einmalige Ausblicke auf das Watt oder – bei Flut – auf das Meer. Bei Ebbe zieht sich das Wasser ganze 15 Kilometer aus der Bucht des Mont St. Michel zurück – das ist der größte Gezeitenunterschied in ganz Europa! Besucher erreichen die Klosterinsel aber unabhängig von den Gezeiten über eine Stegbrücke – beste Besuchszeit ist früh am Morgen oder am späten Nachmittag, wenn der Besucherandrang langsam nachlässt. Besonders schön ist der Anblick des Klosterbergs am Abend, wenn er in stimmungsvollem Licht erstrahlt.
Saint-Malo: eine Stadt wie eine Festung
Auf der Wohnmobil-Tour Richtung Westen lohnt ein Stopp in der Korsarenstadt Saint-Malo. Die historische Altstadt „ville close“ ist von einer wehrhaften Mauer umgeben, auf der man herrlich flanieren kann. Besonders schön ist dabei der Ausblick auf das Gewirr aus Häusern und Dächern sowie auf den Strand, den Hafen und die offene See. Die gemütlichen Restaurants und Cafés laden ebenso zum Verweilen ein wie der Strand und das Meerwasser-Freibad. Auch in Sachen Kultur gibt es in der Geburtsstadt des Dichters Chateaubriand so viel zu entdecken, dass man hier locker einen Tag verbringen kann.
Cap Fréhel: Wahrzeichen der Bretagne
Ein landschaftliches Wahrzeichen und ein Muss für alle Naturliebhaber ist das Cap Fréhel. Die Landzunge mit den markanten Felsen, einem Leuchtturm und einem Fort ist Teil der Smaragdküste, der Côte d’Emeraude. Namen und vor allem Farben, die für sich sprechen. Im Frühjahr blüht dort der Ginster, in den Sommermonaten steht die Heide in voller Blüte. Außerdem ist die Steilküste ein Paradies für seltene Seevögel, die man mit etwas Glück beim Wandern zu sehen bekommt. Bei der oft steifen Meeresbrise sollte man übrigens auch im Sommer wind- und wetterfeste Kleidung dabeihaben. Das Cap Fréhel ist mit seinen grandiosen Ausblicken über die See und den schillernden Farben der Gräser und Pflanzen einfach ein Muss auf einer Reise durch die Bretagne.
Perros-Guirec: rosa Granit und Strandleben
Weiter geht es Richtung Perros-Guirec an der rosa Granitküste. Auf der Fahrt dorthin kann man in den Küstenstädtchen St. Brieuc, Binic und Paimpol in die maritime Atmosphäre eintauchen und vielleicht einmal fangfrische Austern oder andere seltene Meerestiere probieren!
In der Gemeinde Perros-Guirec ist der Ortsteil mit dem zungenbrecherischen Namen Ploumanac’h – das Bretonische ist bei Ortsnamen, Hinweis- und Verkehrsschildern noch allgegenwärtig, vor allem je weiter man nach Westen reist – ein schöner Ausgangspunkt für einen Strandspaziergang oder eine längere Wanderung auf dem Fernwanderweg GR34. Diese auch als Zöllnerpfad bekannte Route ist insgesamt 2.000 Kilometer lang und führt entlang der gesamten bretonischen Küste. Besonders schön ist die Teilstrecke von Perros-Guirec beziehungsweise Ploumanac‘h bis nach Tregastel. Blickfang sind immer wieder die rosa schimmernden und von Wind und Wasser geformten Granitfelsen, die sich in abenteuerlichen Formationen aufeinandertürmen. Ein beliebtes Fotomotiv ist auch der Leuchtturm von Ploumanac’h, der ebenfalls aus dem rosafarbenen Gestein gebaut wurde. Außerdem befinden sich in Perros-Guirec einige schöne Strände und Badebuchten, wo man nicht nur (Sonnen-)Baden, sondern auch Surfen oder Stand-up-Paddlen kann.
Abstecher ins Landesinnere: Morlaix
Aber nicht nur an der Küste, auch im Landesinneren gibt es in der Bretagne viel zu entdecken. Etwa 50 Kilometer entfernt von Perros-Guirec liegt die Stadt Morlaix, mit einer Reihe von einzigartigen Fachwerkhäusern und einem hübschen kleinen Hafen. Über der Stadt ragt ein beeindruckendes Eisenbahnviadukt 62 Meter in die Höhe. Auf der unteren Etage können Fußgänger entlanggehen und die Stadt von oben betrachten. Anschließend erfreut man sich in einer der netten Patisserien bei Kaffee und Kuchen an der rustikalen Schönheit des Stadtbilds.
Roscoff: unter britischem Einfluss
Fährt man von Morlaix Richtung Westen zurück an die Küste, taucht nach einer halben Stunde Fahrt die Silhouette von Roscoff auf. Die alte Handelsstadt empfängt ihre Besucher mit herbem Charme, stattlichen Reederhäusern, einer Promenade rund um das alte Hafenbecken und einem botanischen Garten mit subtropischen Pflanzen. Berühmt ist Roscoff unter anderem für seine rosa Zwiebeln, die, genau wie Salz, Holz und Stoffe, vor allem im 19. Jahrhundert an die Bewohner auf der anderen Seite des Ärmelkanals verkauft wurden. Die Verbindung zu den Briten, die den Roscovitern nicht immer freundlich gesinnt waren, ist heute noch durch eine Fährverbindung nach England erhalten geblieben. Neben den vielen kleinen Geschäften, Cafés und Lokalen ist die gotische Kirche Notre Dame de Croaz Batz ein besonderer Anziehungspunkt im historischen Stadtkern. Am alten Hafen lädt zudem ein langer Steg – eigentlich als Fähranleger für Ausflüge auf die nahe gelegene Île de Batz gedacht zu einem Spaziergang über das Watt oder die Fluten ein.
St. Thégonnec: religiöse Kunst im Herzen des Finistère
Von Roscoff führt unsere Camping-Tour wieder ins Landesinnere nach St. Thégonnec. Der Ort ist ein typisches Beispiel für eine in Frankreich einzigartige religiöse Kunst: Rund um die Dorfkirchen entstanden zwischen dem 15. und 17. Jahrhundert umfriedete Pfarrbezirke, die sogenannten „enclos paroissiaux“. Sie bestehen aus einer Umfassungsmauer, einem monumentalen Eingangstor, einem filigranen Glockenturm und einem „Kalvarienberg“, einer steinernen Skulptur mit zahlreichen Figuren, die meist religiöse Legenden abbilden. Was heute etwas morbide klingt, war damals auch Ausdruck vom Wohlstand, den der Textilhandel der Region beschert hatte. Außerdem erfüllten die steinernen Monumente einen pädagogischen Zweck, da vor allem die einfache Bevölkerung nicht lesen und schreiben konnte. So überboten sich einige Orte regelrecht mit besonders prachtvoll ausgearbeiteten Ensembles, die man heute unter anderem noch im Pfarrhof der Kirche Notre Dame in St. Thégonnec bewundern kann.
Pointe Saint Mathieu: am äußersten Ende der Welt!
Nach so viel religiöser Inbrunst wird es wieder Zeit für eine frische Meeresbrise. Es geht in den äußersten Westen des Finistère, zur Landspitze Saint Mathieu in Plougonvelin. Hier vermuteten die Menschen früher das Finis Terrae, das Ende der Welt. Davon ist das malerische Kap aus heutiger Sicht weit entfernt: Gleich zwei Leuchttürme bilden sozusagen die Eckpfeiler einer alten, verfallenen Abtei. Den neueren der beiden Leuchttürme, St. Mathieu, kann man während der Sommermonate besichtigen. Der Aufstieg wird mit einer grandiosen Aussicht über den Atlantik belohnt. Vor dem Kap liegen einige kleinere Inseln, zum Beispiel die Île d’Ouessant und die Île de Molène. Diese kann man mit einem Ausflugsschiff vom nahe gelegenen Hafen Le Conquet aus erreichen. Die Steilküste des Kaps ist ideal für ausgedehnte Spaziergänge, daneben gibt es in Plougonvelin aber auch einige schöne Strände.
Praktische Tipps:
Anfahrt von Deutschland
Von Deutschland fährt man mit dem Wohnmobil bis zum Mont Saint-Michel über die Autobahn A13 in Richtung Caen und dann auf die Autobahn A84 bis zur Klosterinsel. In Frankreich wird auf Autobahnen eine Mautgebühr erhoben. Eine Alternative ist die Fahrt über Landstraßen, für die man allerdings mehr Zeit einplanen muss.
Campen in der Bretagne
Die Bretagne ist bei Camping- und Wohnmobilreisenden sehr beliebt. Nicht nur aus dem Ausland, auch aus Frankreich selbst, strömen vor allem im Juli und August Urlauber in Massen an die Küste. Daher sollte man diese Monate möglichst meiden. Die beste Reisezeit ist im Frühjahr von April bis Juni und im Herbst (September und Oktober). Wie in ganz Frankreich gibt es auch in der Bretagne eine sehr gute Infrastruktur für Campingurlauber mit einer großen Auswahl an Camping- und Stellplätzen sowie Ver- und Entsorgungsstationen. Trotzdem ist es ratsam, den Wohnmobil-Stellplatz im Voraus zu reservieren, denn gerade rund um die beliebten touristischen Attraktionen sind die schönsten Plätze auch in der Nebensaison schnell besetzt.
Die passenden Campingplätze findet man über Stellplatz-Apps oder online. Eine große Auswahl an Campingplätzen, die man nach der jeweiligen Region oder Stadt filtern kann, gibt es hier. Informationen zur Region Finistère, durch die ein Großteil der Tour führt, erhält man hier.
Sprache
Bretonisch wird in der Bretagne noch heute gesprochen und ist auch für Touristen auf Ortsschildern, Wegweisern und Verkehrsschildern allgegenwärtig. Die keltische Sprache gehört zur Kultur der Bretonen, daher ist ein Mini-Wörterbuch mit einigen Grundbegriffen im Urlaub hilfreich. Außerdem macht es Spaß zu wissen, dass zum Beispiel „Kreiz Kêr“ nicht etwa auf einen Kreisverkehr hinweist, sondern auf das Rathaus.